Forderungen

Grundsätzlich fordern wir eine Personalpolitik, die unsere für die Universität unverzichtbaren Leistungen in Forschung und Lehre würdigt und anerkennt.

Die Reformen der vergangenen Jahre haben zu unerträglichen Verwerfungen geführt, eine allgegenwärtige Rhetorik der Exzellenz steht im krassen Missverhältnis zur Beschäftigungswirklichkeit im sogenannten Mittelbau. Die Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen und künstlerischen Mittelbaus werden immer schlecher.

Eine Verbesserung der Situation wird es nur geben, wenn der Mittelbau sich selbst artikuliert und öffentlichen Druck aufbaut. Deshalb hat sich die Mittelbauinitiative gegründet.

Unsere Forderungen, die Grundlage für weitere Diskussionen sind, lauten:


Personalstruktur reformieren und Perspektiven für den Mittelbau schaffen!

Zwar hat sich bundesweit der Bestand an wissenschaftlichem Personal in den letzten zehn Jahren aufgrund der wachsenden Anforderungen an Hochschule und Wissenschaft (steigende Studierendenzahlen, Studienreform, Drittmitteleinwerbung, Autonomie der Hochschulen…) um rund ein Drittel vergrößert. Die Zahl der Professor_innen hat sich in dieser Zeit allerdings kaum verändert. Weniger als 10% der Menschen, die wissenschaftlich arbeiten und sich qualifizieren, können später eine Professur besetzten. Diese „flaschenhalsförmige“ Karrierestruktur, die neben der Professur kaum Berufsperspektiven an der Hochschule bietet, ist international einzigartig. Die Personalstruktur in der Wissenschaft bedarf einer tiefgreifenden Reformierung! Die Hochschule muss auf eine bessere Grundausstattung im Mittelbau und eine nachhaltige Personalstruktur hinarbeiten!

Dauerstellen für Daueraufgaben!

Die Anzahl der befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse stehen in einem entsetzlichen Missverhältnis. Der Anteil von unbefristeten Stellen an der Universität Oldenburg liegt unter 20% (HEP-Papier) und sinkt weiter. Bundesweit gibt es in der Wissenschaft immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse und immer weniger Dauerstellen. 2005 kamen auf eine unbefristete Stelle noch vier befristete Stellen, inzwischen gibt es zwischen Dauerstellen und befristeten Stellen ein Verhältnis von 1:9! Grundsätzlich kann es für die Nachwuchsförderung befristete Arbeitsverhältnisse geben, allerdings sind Dauerstellen für die Leistung und Qualität in Lehre und Forschung dringend notwendig. Für die einzelnen Organisationseinheiten müssen Anreizsysteme etabliert werden, um Dauerstellen zu schaffen. Der Mittelbau kann nicht nur „Durchlauferhitzer“ (tagesspiegel, 17.08.2011) sein, es muss im Interesse der Universität auch Stabilität und Kontinuität im Mittelbau geben!

Gleichstellung endlich umsetzen!

Obwohl Frauen bei den Studierenden seit Jahren die Mehrheit stellen, sind sie in vielen Bereichen der Wissenschaft nach wie vor unterrepräsentiert. Für eine Promotion entscheiden sich mehr Männer als Frauen. Weniger als 20% der Professuren in Deutschland sind mit Frauen besetzt. Der Anteil von Frauen in „atypischen“ Beschäftigungsverhältnissen in der Wissenschaft ist höher als bei „Normalarbeitsverhältnissen“. So haben weniger Frauen als Männer ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis (ver.di-Studie, HEP-Papier), mehr Frauen arbeiten in Teilzeit, Frauen sind im Vergleich zu Männern häufiger Lehrkräfte statt wissenschaftliche Mitarbeiterinnen (ver.di-Studie), Frauen sind länger Lehrbeauftragte. Die Hochschule hat Maßnahmen zu entwickeln, um Gleichstellung nicht nur zu fördern, sondern endlich nachhaltig umzusetzen!

Volle Bezahlung bei voller Beschäftigung!

Im Mittelbau gibt es immer mehr Beschäftigungsverhältnisse, die als Teilzeitstellen eingerichtet und ausgeschrieben werden. Befristete halbe Stellen machen rund die Hälfte der Verträge an der Universität Oldenburg aus (HEP-Papier). Das Gehalt einer halben Stelle reicht kaum, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, und stellt mit Blick auf Qualifikation und Leistung der Beschäftigten keine angemessene Vergütung dar. Die tatsächliche Arbeitszeit liegt in der Regel deutlich über der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit (ver.di-Studie). Der Anteil der Vollbeschäftigten liegt an der Universität Oldenburg bei gut einem Drittel, während bundesweit fast die Hälfte der Beschäftigten im Mittelbau auch laut Arbeitsvertrag in Vollzeit arbeitet (HEP-Papier). Volle Stellen sollten die Regel, Teilzeit nur auf Wunsch des/der Beschäftigten möglich sein!

Beschäftigungsverhältnisse tariflich und betrieblich regeln!

Im Januar 2013 beginnen die Tarifverhandlungen für den Tarifvertrag der Länder (TVL). Inhalte der länderspezifischen Lehrverpflichtungsverordnungen (LVVO) sollten im Tarifvertrag geregelt und bundesweit vereinheitlicht werden. Die volle Mobilität der Erfahrungsstufen sollte sicher gestellt werden, so dass ein Arbeitsstellenwechsel beispielsweise an eine Hochschule in einem anderen Bundesland keine Einkommensverluste bedeutet. In Niedersachsen sollte es an den Hochschulen wie in einigen anderen Bundesländern eine Personalvertretung auch für wissenschaftlich Beschäftigte geben (Personalvertretungsgesetz). Neben Stellenbeschreibungen zu Beginn sollten auch qualifizierte Arbeitszeugnisse am Ende der Beschäftigung obligatorisch sein. Die Hochschule hat Konzepte und Finanzierung von Übergangsregelungen zwischen Beschäftigungsverhältnissen und Qualifikationsstufen zu entwickeln und zu gewährleisten. Einer „Stückelung“ von Beschäftigungsverhältnissen ist entgegenzutreten, grundsätzlich sollte es einen „Arbeitsvertrag pro Kopf“ geben.

Vertragslaufzeiten den Tätigkeiten anpassen und Befristungen begrenzen!

Neben der steigenden Anzahl der befristet Beschäftigten sinken auch die Vertragslaufzeiten. Ein sehr hoher Anteil des Mittelbaus ist sehr kurzfristig beschäftigt. Fast die Hälfte aller Beschäftigten in Oldenburg hat einen Arbeitsvertrag für weniger als ein Jahr (HEP-Papier). Bundesweit endet für 53% der wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen der Arbeitsvertrag innerhalb von 12 Monaten (HIS-Studie). Nur noch 11% der Beschäftigten in der Wissenschaft haben Arbeitsverträge mit einer Vertragslaufzeit, die länger als 2 Jahre ist. Arbeitsverträge sollten grundsätzlich für die gesamte Dauer der vorgesehenen Tätigkeit gelten und sich entsprechend an der Dauer des Projekts und/oder die übliche Zeit für die Qualifikation (Promotion/Habilitation…) orientieren. Dabei darf die Arbeit in Drittmittelprojekten eine dauerhafte Beschäftigung an der Hochschule nicht ausschließen, weil nicht plausibel ist, warum die Beschäftigten allein das unternehmerische Risiko für die Finanzierung durch Drittmittel tragen sollen.

Qualifizierung fördern und flexiblisieren!

An der Hochschule ist eine Kultur für wissenschaftliche Qualifizierung zu etablieren. Promovieren, Habilitieren, Graduiertenschulzeit etc. sind bezahlte Arbeit und keine Freizeitbeschäftigungen! Arbeitsverhältnisse und –verträge müssen so gestaltet sind, dass auch Zeit zur Qualifikation bleibt – und zwar mindestens die Hälfte der Arbeitszeit! Drittmittelstellen sollten ggf. zu Qualifikationsstellen ausgebaut werden. Allerdings ist nicht jede Arbeit zur Qualifizierung geeignet. Die „Qualifizierung aufgrund der Sammlung von Lehrerfahrungen“ ist beispielsweise abzulehnen. Auf die Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung an der Universität Oldenburg sollte aufmerksam gemacht, das Angebot ständig evaluiert und erweitert werden. Weiterhin müssen auch für Beschäftigten des Mittelbaus ausreichende Ressourcen für die Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen und Konferenzen zur Verfügung gestellt werden. Die Promotionsordnungen sollten im Interesse der Promovierenden flexibilisiert werden, um Betreuungsverhältnisse variabler zu gestalten und beispielsweise die Option der Betreuung und Bewertung von unterschiedlichen Personen zu gewährleisten.

Mehr bezahlte Zeit für gute Lehre!

Lehre ist eine wichtige Daueraufgabe von Hochschulen, allerdings ist die gegenwärtige Situation auch aufgrund der Studienstruktur unbefriedend. Neben mehr Freiheit und Selbstständigkeit für Beschäftigte des Mittelbaus bei der Ausgestaltung von Lehre sollte auch der Verwaltungsaufwand verringert werden. Lehrbelastung sollte qualitätsorientiert erfolgen und auch andere Aufgaben wie die Betreuung von Abschlussarbeiten berücksichtigen. Stellen für Lehrkräfte für besondere Aufgaben sollten Ausnahmen sein und nur für entsprechende Aufgaben nach § 32 NHG eingerichtet werden. In der Regel sollten Beschäftigte im Mittelbau als wissenschaftliche Mitarbeiter_innen angestellt werden (HEP-Papier). Pflichtlehre sollte nur durch regulär beschäftigtes Personal erfolgen und keineswegs durch Lehrbeauftragte abgedeckt werden, deren Zahl in den letzten 10 Jahren um 60% gestiegen ist (Statistisches Bundesamt). Die Vergütung von Lehraufträgen muss obligatorisch und der Qualifikation und Leistung der Lehrbeauftragten angemessen sein.

Zuletzt geändert: 2013/01/12 22:19