Mittelbauintitative

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz – „Eine Lizenz zum Befristen“

Beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) handelt es sich um ein Sondergesetz, das bundesweit Befristungen von wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter_innen in einer Qualifikationsphase regelt. Mit diesem Gesetz wird anerkannt, dass Beschäftigte während einer Qualifizierung außerhalb des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristet angestellt werden können. Es gibt ein Höchstmaß der dafür zur Verfügung stehenden Zeit als Regel vor, um die Zeitspanne der Befristungen einer einzelnen Person auf ein zumutbares Maß zu begrenzen.
Die Anlage zur Fehlfunktion dieses Gesetzes liegt allerdings in der fehlenden Eingrenzung seines Wirkungsbereichs. So wurde es zum grundlegenden Instrument der Verzerrungen in der Beschäftigungslage im wissenschaftlichen und künstlerischen Mittelbau – mit 90% befristet Beschäftigten an Universitäten und Forschungszentren bundesweit. Auch die gebräuchliche ultra-kurze Dauer der befristeten Verträge – mit über der Hälfte von unter einem Jahr Laufzeit – kann und konnte nur durch das Gesetz legitimiert werden. Es fehlt eine verbindliche Festlegung der Mindestlaufzeit (wenigstens) für Erstvertragsabschlüsse. Da nicht klar geregelt ist, was unter einer ‚Qualifikation‘ zu verstehen ist, fehlt außerdem eine einforderbare Verantwortlichkeit für die tatsächliche und substantielle Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten.
Von der GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) wurde die in seiner Struktur angelegte Möglichkeit des Missbrauchs des Gesetzes – und der tatsächliche steile Anstieg der Befristungen seit seiner Wirksamkeit – in intensiver Auseinandersetzung konstruktiv und lösungsorientiert problematisiert. Schließlich wurde in diesem Jahr wurde unter Ägide der Bundesbildungsministerin Johanna Wanka endlich seine Novelle angeschoben.
Die Optimierungen, auf die mit der Novelle zu hoffen war, und die berechtigten Erwartungen zerfließen jedoch zusehends. Positiv zu bemerken ist, dass im jetzt diskutierten Entwurf die Mitarbeiter_innen aus Technik und Verwaltung nicht mehr unter Bezugnahme auf dieses Gesetz befristet werden können. Weiterhin ist endlich die Zuständigkeit für studentische Hilfskräfte klar entfallen.
Die Praxis der ungehemmten Befristung wissenschaftlicher und künstlerischer Mitarbeiter_innen wird durch die Novelle (nach ihrem jetzigen Stand) jedoch kaum eingedämmt werden. Noch immer fehlt die Definition dessen, was unter Qualifizierung verstanden und seriös zur Befristung nach dem WissZeitVG freigegeben werden kann. Im zukünftigen Gesetzestext muss verfügt werden, dass die Art der Qualifikation im Arbeitsvertrag dargelegt wird und dass die Arbeit an der Qualifikation Teil der Arbeitszeit ist. Es müssen Mindestlaufzeiten der Verträge festgelegt werden. Es widerspricht der Logik des Gesetzesursprungs, wenn insbesondere die Erstvertragsabschlüsse nicht dem Ziel der Qualifikation bzw. bei Projekten der Länge der Projektlaufzeit angepasst sind. Der Stellentyp Lehrkraft für besondere Aufgaben, der konzipiert worden war, um Lehrende aus der Praxis mit Expert_innenwissen/-fertigkeiten langfristig an die Universität zu binden, muss aus dem Wirkungsbereich dieses Gesetzes ausgeschlossen werden. Außerdem ist zu fordern, dass Perspektiven nach der Qualifikation – z. B. in Form von Tenure-Track-Optionen – ausgebaut werden.

Termine zur Novelle:
Am 16.10. gab es eine Beratung im Bundesrat.
Am Donnerstag, 5.11., & Freitag, 6.11., findet die erste Lesung im Bundestag statt.
Öffentliche Anhörung am 11.11.; anschließende Beratung 2.12.
2. & 3. Lesung und Beschlussfassung im Januar 2016.

← Älter neuer →